Dezember 23, 2024

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Deutschland muss noch aus der Abhörung von Whistleblowern lernen

Deutschland muss noch aus der Abhörung von Whistleblowern lernen

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Als der britische Leerverkäufer Matthew Earl Ende 2016 die Whistleblower-Hotline der deutschen Finanzaufsicht BaFin anrief, um verdächtige Aktivitäten beim deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard zu melden, kam er nicht weit.

Earl sagte, nachdem er den Namen des Unternehmens erwähnt hatte, sagte die freundliche Person am anderen Ende, dass ihr Englisch nicht gut genug sei, und bat ihn dann, irgendwann einmal zurückzurufen. Beim zweiten Versuch legte Baffin auf und sagte, er rufe wegen des Wireguards an. Earle war Ziel einer haltlosen strafrechtlichen Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft, weil er Mitverfasser eines anonymen Berichts über den Verdacht von Buchhaltungsbetrug und Geldwäsche bei Wirecard war.

Solche Erfahrungen machen Whistleblower in Deutschland häufig: Im Land herrscht seit langem Misstrauen gegenüber Personen, die den Behörden das Fehlverhalten anderer aufzeigen. Diese Ansicht hat ihre Wurzeln zum Teil in der deutschen Geschichte: Sowohl die Nazis als auch die Kommunisten in der Deutschen Demokratischen Republik forderten und ermutigten die Bürger, verdächtiges Verhalten zu melden.

Und Whistleblower genießen seit langem kaum rechtlichen Schutz. Selbst Arbeitnehmer, die kriminelles Verhalten ihres Arbeitgebers bei der Polizei gemeldet haben, können seit Jahrzehnten legal entlassen werden. Gerichte haben entschieden, dass Whistleblower illoyal gehandelt und eine Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber verletzt haben. In einem bahnbrechenden Urteil aus dem Jahr 2011 wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Ansicht zurück.

Nach dem Zusammenbruch von Wireguard im Juni 2020, als die BaFin ihre Hinweisgeberstelle neu organisierte und verbesserte, verbesserte sich der rechtliche Status der Mitarbeiter, die Fehlverhalten melden, langsam, vor allem aufgrund des Drucks der Europäischen Kommission.

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Im Jahr 2019 forderte Brüssel die Mitgliedstaaten auf, sichere Kanäle für Whistleblower einzurichten und sie vor Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Deutschland hat lange mit der Umsetzung dieser Regeln zu kämpfen, indem es sie erst letzten Sommer umsetzte und die Frist für die Umsetzung dieser Regeln um zwei Jahre versäumte. Wegen angeblicher Verstöße gegen EU-Vorschriften wurde Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht. Simon Gerdemann, Wissenschaftler für Whistleblower-Schutz an der Universität Göttingen, rechnet damit, dass Deutschland für die Verzögerung mit einem Bußgeld von rund 30 Millionen Euro rechnen muss.

Neue Whistleblower-Schutzvorschriften, die seit Juli in Kraft sind, haben die Meldung von Fehlverhalten einfacher und weniger riskant gemacht. „Jeder Fortschritt ist ein Fortschritt, wenn man bei Null anfängt“, sagt Annegret Falter, Leiterin des Deutschen Whistleblower-Netzwerks. Einer der größten Fortschritte wäre es, jegliche Vergeltungsmaßnahmen gegen Whistleblower zu verbieten.

In den ersten sieben Monaten ihrer Einrichtung im Juli 2023 gingen bei der neuen nationalen Hinweisgeberstelle beim Bundesamt 478 Hinweise von Hinweisgebern ein, von denen 24 als strafbar eingestuft und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden, teilte die Behörde mit. Financial Times.

Experten zufolge bleiben die neuen deutschen Gesetze jedoch noch hinter den Anforderungen der EU-Regeln zurück. Einer der größten Nachteile besteht darin, dass Whistleblowern, die durch Mobbing nichtfinanzielle Folgen wie psychische Gesundheitsprobleme erlitten haben, kein finanzieller Schaden entsteht. Laut Gerdemann ist dies eines von vielen Beispielen dafür, wie das neue deutsche Whistleblower-Gesetz im Widerspruch zur EU-Richtlinie steht. Er warnte, dass diese Probleme einen zweiten Akt der Aggression gegen Deutschland auslösen würden.

Ein weiterer Nachteil sei, dass regelkonforme Mitarbeiter keinen Rechtsschutz genießen, warnt Manuela Mackert, ehemalige Chief Compliance Officer der Deutschen Telekom und heutige Senior Managing Director bei Ancura.

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Er weist darauf hin, dass Datenschutzbeauftragte und Geldwäschebeauftragte nach deutschem Recht zwar nicht entlassen werden dürfen, Compliance-Beauftragte jedoch wie normale Arbeitnehmer behandelt werden und keinen besonderen Schutz genießen. „Manchmal muss Compliance mühsam sein, um mutmaßlichem Fehlverhalten auf den Grund zu gehen“, argumentiert er und fügt hinzu, dass interne Untersuchungen im Widerspruch zu den persönlichen Interessen von Führungskräften stehen können und volle Unabhängigkeit und Arbeitsplatzsicherheit erfordern. Idealerweise, so Mackert, sollten Chief Compliance Officers unabhängige Mitglieder des Vorstands sein und das Recht haben, direkt mit dem Prüfungsausschuss zu kommunizieren.

Vier Jahre nach dem Wirecard-Debakel bleibt es für die deutschen Unternehmen ein harter Kampf, aus dem Skandal die richtigen Lehren zu ziehen.

olaf.storbeck@ft.com